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Lebendige Geschichte – eine weitere Zeitzeugin berichtet!

In der Klasse 11a kam am 12.05.2025 eine Zeitzeugin der DDR in den Geschichtsunterricht. Ihr Name ist Frau Kronschwitz, sie ist am Heiligabend 1942 in Saalfeld an der Saale geboren. Sie hat uns über Erzählungen aus dem 2. Weltkrieg und ihre Eindrücke als DDR-Bürgerin berichtet. Die Zeit früher war schwer, ihr Vater war in Kriegsgefangenschaft, während sie mit den Großeltern und Geschwistern in einem Einfamilienhaus lebte. Es herrschte Essensmangel, jedoch hatten sie Glück, Tiere zu haben wie Kühe, Ziegen oder Hühner. Am 28. Mai 1944 wünschte sich ihr Bruder zu seinem 6. Geburtstag eine Torte, jedoch gab es einen Bombenalarm, und sie mussten Platz im Keller finden. Nachdem sie einen Knall gehört hatten, ging der Opa nach draußen und musste feststellen, dass die Hälfte ihres Hauses fehlte. Es war der traurigste Geburtstag ihres Bruders. Die andere Haushälfte wurde einigermaßen wieder bewohnbar gemacht.

Einen Monat nach ihrer Einschulung wurde die DDR gegründet. Das erste, was sie gelernt hat, war die Nationalhymne, die sie uns vorgetragen hat. Am Anfang musste sie den Jungen Pionieren beitreten, kurz vor Abschluss der 8. Klasse der FDJ (Freie Deutsche Jugend). Dies waren Jugendorganisationen der DDR, denen jedes Kind beitreten musste, da sie sonst oftmals benachteiligt wurden. Sie hat das alles als Gehirnwäsche des Staates beschrieben.

Nachdem sie ihre mittlere Reife ablegte, hatte sie den Wunsch, Grundschullehrerin zu werden. Aber dieser Wunsch ist schnell geplatzt, da sie keine Jugendweihe gemacht hat, sondern die Konfirmation, was dem Staat „ein Dorn im Auge“ war. Deshalb ist sie stattdessen zur Sparkasse gegangen, und hat dort eine Ausbildung begonnen. In der Sparkasse gab es eine Maschine zum Buchen, ansonsten war alles Handarbeit. Nach der Arbeit musste sie trotzdem bei der Sparkasse aushelfen oder bei den „Landwirtschaftlichen Genossenschaften“, und wenn es hieß „Der Plan ist in Gefahr”, dann musste sie in der Schokoladenfabrik aushelfen.

Nach drei Jahren hat sie einen guten Abschluss als Bankkaufmann bekommen, jedoch mit der Bemerkung, dass sie sich noch mit den politischen Problemen bekannt machen muss, was sie geärgert hat. Sie wurde zur Abteilungsleiterin in Probstzella, einer Stadt direkt an der ehemaligen Grenze. Dort hat sie mitbekommen, dass hinter Plattenwegen ein Zaun die Grenze markiert. Hinter diesen befand sich ein Acker, um anhand von Fußabdrücken zu sehen, ob dort jemand „Republikflucht“ vollzogen hat. Einem jungen Kollegen ist dies gelungen, Seitdem standen dort Hunde, die der ganzen Nachbarschaft stets den Schlaf raubte. Zudem wurde die Stasi immer stärker, da immer mehr Menschen fliehen wollten. Familien, die dort in Grenznähe wohnten, wurden von der Volksarmee persönlich umgesiedelt.

Reisen in die BRD waren für die meisten Menschen unmöglich, und, wenn, dann nur unter strengen Bedingungen. Die Mutter eines Bekannten der Zeitzeugin lebte in der BRD, und um sie besuchen zu dürfen, musste er „inoffizieller Mitarbeiter“ der Stasi werden, was Frau Kronschwitz später herausfand. Ihr wurde die Reise zur Hochzeit ihres Schwagers verweigert, denn nur eine Person durfte dafür die DDR verlassen. Diese Person war ihr Mann.

Ein Ereignis blieb ihr besonders in Erinnerung. Während sie am 9. November 1989 schlafen gegangen ist, ist ihr Mann plötzlich in das Schlafzimmer hereingeplatzt und hat geschrien, dass die Grenze offen sei. Als sie dann mit dem Auto das erste Mal in der BRDwaren, freuten sie sich ungemein.

Im Anschluss an den Bericht durften die Schüler Frau Kronschwitz Fragen stellen, die sie gerne beantwortet hat, z. B., ob sie in der DDR „Westfernsehen“ schauen konnte. Abschließend hat von Herrn Stitz ein Geschenk erhalten. Wir bedanken uns herzlich, dass sie zu Besuch war.

Alexander Grinko (11a)