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Gezeichnet vom Krieg – Erinnerung an die NS-Zeit und die Nachkriegszeit in Coburg

Am 8. Mai 2025 besuchte der Geschichtskurs 2G3 des Ernestinums mit Frau Stenzel die Ausstellung „Gezeichnet vom Krieg: Krieg und Kriegsende im Werk von Karl Friedrich Borneff“ im Ausstellungsforum „Rückert 3“ in Coburg. Der Titel der Ausstellung beschreibt nicht nur die sichtbaren und unsichtbaren Spuren, die der Krieg hinterlässt. Er steht auch sinnbildlich für die Kraft, trotz schwerer Erfahrungen weiterzumachen, das eigene Leben zu gestalten und nicht aufzugeben.

Zu Beginn der Ausstellung führte Rupert Appeltshauser, Vorstandsmitglied der Initiative Stadtmuseum Coburg, die Gruppe in das Thema ein. Er betonte, dass der 8. Mai nicht mehr als Tag der Niederlage, sondern als Tag der Befreiung und demokratischer Neuanfang verstanden werden wird, wie es Bundespräsident Weizäcker in seiner Rede zum 8. Mai im Jahr 1985 betonte. In einem historischen Rückblick schilderte er die besondere Rolle Coburgs im Nationalsozialismus. Schon früh wurde die Stadt zu einem Zentrum nationalsozialistischer Aktivitäten, da viele Menschen nach dem Ende des Herzogtums Halt und Ordnung suchten und diese im NS-Regime fanden. Appeltshauser sprach von politischer Gewalt auf den Straßen, von der Verfolgung Andersdenkender, etwa von Lehrkräften, die sich weigerten, „Heil Hitler“ zu sagen, und vom langen Schweigen nach 1945. Dazu zeigte er historische Fotos, z.B. vom Deutschen Tag 1922, als Hitler erstmals außerhalb Münchens Bekanntheit erlangte oder von der ehemaligen Prügelstube im Hintergebäude des Coburger Rathauses, in der Gegner der menschenverachtenden Weltanschauung der Nazis gefoltert wurden. Erst viele Jahre später begann eine bewusste Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit.

Der Coburger Künstler Karl Friedrich Borneff hielt fest, was viele andere verdrängten. Bereits als 15-Jähriger dokumentierte er 1945 die Zerstörungen Coburg, ein früher Versuch, das Erlebte sichtbar zu machen. Außerdem verarbeitete er den Absturz eines Militärflugzeugs Ende des Krieges, wovon er wohl Augenzeuge war, in einem Werk. In seinem späteren künstlerischen Schaffen setzte er sich intensiv mit den Folgen von Krieg, mit Umweltzerstörung, Konsumverhalten und gesellschaftlichem Wandel auseinander. Kunsthistorisch ist in Borneffs Werk eine große Bandbreite der Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts vertreten: Vom Realismus über den Impressionismus zum Expressionismus bis hin zu abstrakter Kunst.

Besonders bemerkenswert ist, wie früh Borneff Themen aufgriff, die heute aktueller denn je erscheinen. Dazu gehören Umweltzerstörung, die gesellschaftliche Stellung der Frau, das Leid eingesperrter Tiere oder die Kritik an Militarismus und Entmenschlichung. Mit seinem kritischen Blick und seiner oft provokativen Bildsprache stellte er sich gegen den künstlerischen Mainstream seiner Zeit. Seine Werke galten lange als unbequem und fanden daher kaum Beachtung, bis sie nun erstmals in dieser Ausstellung öffentlich gezeigt werden.

Möglich gemacht wurde die Ausstellung durch die Initiative Stadtmuseum Coburg e. V., die das Projekt ehrenamtlich und ohne institutionelle Förderung organisierte. Die Stadt stellt den Raum „Rückert 3“ zur Verfügung, die Finanzierung erfolgte aus dem Vermächtnis von Angela Nolte-Vogler. Damit zeigt sich ein eindrucksvolles Beispiel für bürgerschaftliches Erinnern, das engagiert, ausdauernd und notwendig ist.

Im September 2025 folgt eine weitere Ausstellung des Vereins zum Thema Kunst und Kultur in der Weimarer Republik.

Wir danken Herrn Appeltshauser für die interessanten Einblicke in die Coburger Geschichte und das Werk eines Künstlers, den wir sonst wohl nie kennengelernt hätten!

 

Natalie Trouillier, 12. Klasse

Emily Späth, 12. Klasse

Fotos und Überarbeitung: K. Stenzel